Corleone und die Mafia

Viele bringen Sizilien mit der Mafia in Verbindung. Seit dem Filmmeisterwerk „Der Pate“ von Francis. F. Coppala ist Corleone der Inbegriff der Mafia.
Wir entdeckten, dass in Corleone ein privates Museum das „The Godfather’s House“ betrieben wird. Es war für uns sofort klar, ein Abstecher nach Corleone musste sein. Zum Einen sieht man das Landesinnere und begibt sich zum Anderen vielleicht auf die Spuren des Filmes.
Schon etwas mulmig war uns bei der Anfahrt schon, denn wie aktiv ist diese Mafia heute noch?

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The Godfather’s House
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Parken an der Straße oberhalb vom Museum

Corleone mit ca. 10.000 Einwohnern liegt am Hang und ist von Bergen umgeben. In das Dorf mit den steilen Gassen hineinzufahren undenkbar. Der Kastenwagen würde durchpassen, aber um die Ecken käme man nicht so leicht.
Schließlich fanden wir am Straßenrand einen Platz zum Parken unweit vom Museum. Einige wenige Einheimische trafen wir auf dem Weg zum Museum, alle sehr freundlch. Also ist Corleone heute ein ganz normales Dorf. Wenn man bedenkt welch brutale Gewalt von der Mafia früher ausgegangen ist, bemerkenswert.

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Corleone
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Gassen von Corleone
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Corleone vom Museumsfenster

Von weitem sahen wir schon einen älteren Mann auf einer Bank sitzen. Wir wußten gleich, da muß das Museum sein.
Ein kleines Schild neben dem Eingang mit „The Godfather’s House Museum“ ist an der Hauswand angebracht.
Wir sprachen den Mann an und er meinte, dass er die Führung macht und er etwas deutsch könne. Wir zeigten unser Interesse und fragten nicht weiter nach dem Eintritt, es wird sich schon richten, dachten wir.
Er brachte uns in einen kleine Raum mit 4 alten Kinositzen aus Holz und einer Leinwand. Wir sollten zunächst einen 2 min Film ansehen. Als der Film aus war, kamen 2 weitere Deutsche hinzu. So schauten wir den Film eben nochmals.
Vorab, die Führung ist empfehlenswert, auch wenn es sprachlich etwas schwierig ist. Der Mann bemüht sich wirklich sehr und mit einer Mischung aus deutsch-englisch-italienisch geht es gut.
Ewähnenswert, das Wohnmobil war nach 2,5h unbeschadet.

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Museumschild
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Hübsche Dachterrasse als Restaurant

Zum verweilen befindet sich in diesem großen Haus eine kleine Dachterrasse mit ein paar Tischen mit Blick auf Corleone. Die Familie serviert hier einige Speisen und Getränke.
Zunächst erfuhren wir, dass sie dieses große Haus vor einigen Jahren erworben hätten und dabei viele Postkarten, alte Möbel, Bilder und Schriften fanden. Schnell wäre die Idee gekommen, diese Dinge nicht wegzuwerfen, sondern die Geschichte der Mafia in Corleone auszustellen.


Er erzählte, dass das Haus 2 Eingänge hat, der kleine linke (siehe Bild oben) wäre der Eingang der Bediensteten und der große Eingang für die Herrschaften gewesen.
Alleine die vielen Postkarten aus aller Welt waren sehenswert, darunter waren auch Postkarten aus Deutschland.

Postkarten
Eingangsbereich
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Alte Postkarten
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aus aller Welt
Leinwand
Kinoleinwand
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Kinositze

Die Familien, die später die Mafia in Corleone bildeten seien aus Ungarn eingewandert, so auch seine Familie.
Im Eingang waren viele Bilder zu sehen, die die beschwerliche Arbeit damals auf den Feldern zeigte. Im 19. Jahrhundert gehörten die Felder den Großgrundbesitzer. So mussten die Bauern den Eignern fast alles abgeben. Die Bauern bildet mit dem Getreide eine Pyramide und der obere spitze Teil behielten sie für sich. Klar dass die Bauern versuchten diese Pyramide möglichst hoch zu bauen. Die Bauern verarmten im Laufe der Zeit immer mehr.

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Feldarbeit der damaligen Bauern
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Bedienstetenzimmer, mit Küche, WC und Schlafbereich

Ende 19. Jahrhundert entstand eine sozialistische Partei mit dem Slogan „Das Land gehört dem, der es bearbeitet“. Die meist adligen Großgrundbesitzer setzten daraufhin gegen die aufständigen Bauern sogenannte Gabellotti (Gutsverwalter) ein, um Land und Ertrag zu schützen. Diese Verwalter mit allen Vollmachten ausgestattet, verlangten von den Bauern auch unter Zwang, den sogenannten „pizzu“, ein Großteil der Ernte. Es war bereits eine Art Schutzgeld. Mit der Zeit wuchs der Einfluß der Verwalter und dieser reichte bis in Bereiche der Polizei und Verwaltung. Sie hatten sogar eigene Schutztruppen

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Kornwaage für den pizzu

Armen Familien wurden oft die männliche Kinder gestohlen und an Reiche verkauft.
Um diesen Jungen zu schützen wurde dieser Junge äußerlich als Mädchen aufgezogen.

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Ein Junge

An einem großen Tisch im Hause fand der erste sogenannte Blutschwur von 5 Familien in Corleone statt.
Der Blutschwur war ein „ehernes Gelübde der totalen Verschwiegenheit, an das sich jeder zu halten hat, solange ihm sein Leben lieb ist“.
Da niemand wußte, wer zu dieser Mafia gehört, galt bald bei Vorkommnissen für jeden im Ort: „Ich hab nichts gesehen und habe nichts gehört“.
Dieser Schwur wurde mit höchster Brutalität umgesetzt.

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Tisch an dem der Blutschwur stattfand

Diese Tatsache festigte weiter die Macht der Mafia, da es für Ermittler schwer war, gegen die Wand der Verschwiegenheit Beweise zu finden.
Den blutigen Feldzug der Mafia begann, indem sie normale Jagdgewehre absägten und die Opfer mit Schrotpatronen erschossen. Später wurden diese Schrotpatronen mit Bleikugeln präpariert.
Im Erdgeschoss ist eine Folterkammer. Hier wurden Aufständige ermordert, oder zu einer Aussage gezwungen.
Verwendet wurde neben allerlei Werkzeug auch ein Säurefaß.
In einem kleinen Gefängnis mussten manche um ihr Leben spielen, oft mit negativem Ausgang.
In dem Raum des Grauens waren neben Folterwerkzeugen auch Tafeln von ehemaligen Paten angebracht.
Unser Museumsführer beichtete, dass er der Enkel des Paten Michelangelo Gennaro sei. Er hatte jedenfalls denselben Namen.

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Ein Mafioso-Enkel
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Platz zum präparieren der Patronen
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Gefängnis mit Delinquent, Sensenmann und Teufel
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Folterwerkzeuge und
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Wandtafeln mit Paten

In der oberen Etage lebte in diesem Haus der sogenannte Pate. Er entschied über Wohl und Wehe, führte das Bilanzbuch und hatte durchaus auch soziale Funktion für die Mitglieder der Organisation.
In den Räumen war ein gut ausgestattete Küche, Badezimmer, Schlafzimmer und natürlich das Büro des Paten.
Überraschend war auch ein Gebetsplatz vorhanden. Laut Museumsführer, war zum Gebet in der rechten Hand die Bibel und in der linken Hand die Pistole.
Unser Museumsführer hatte eine lustige Art die Dinge zu erklären.

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Große Küche mit arabischen Fliesen
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Büro des Paten
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Schlafzimmer
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Gebetsplatz
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Nachgestellt der Pate
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Bilanzbuch

Es gab einige Kriminalbeamten, die sich mutig der Mafia entgegenstellten, oft endete ihre Bemühungen allerdings mit dem Tod. In einem separaten Raum wurden an einige dieser mutigen Personen erinnert, darunter der wohl Bekannteste „Giovanni Falcone„. Leider wurde er Oper eines spektakulären Attentates. Er wurde der Inbegriff des Widerstandes gegen die Mafia.

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Giovanni Falcone
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weitere Mafiajäger

Auf der Fahrt vor und nach Corleone ist eine schöne Landschaft zu genießen. Ab und zu fährt man an Bergdörfern vorbei. Ein schönes Dorf ist Marineo mit 6200 Einwohnern. Hier fährt man direkt durch das Dorf. Andere Dörfer liegen hoch oben auf den Berg wie Prizzi. Prizzi mit 4000 Einwohnern ist eines der ältesten Städte auf Sizilien und ist wunderschön anzuschauen. Sambuca di Sicilia wurde im arabischen Stil erbaut und liegt in einem Weinanbaugebiet. In dieser Stadt leben 5500 Einwohnern.

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Marineo
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Felder bei Marineo
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Blick von Prizzi auf die Landschaft
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Prizzi
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Hübscher Berg nach Prizzi
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Weinbaugebiet bei Sambuca
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Sambuca di Sicilia

Infobox: Für die Führung im Museum in Corleone sind 2h einzuplanen. Parkmöglichkeiten entlang der Durchfahrtsstraße, teilweise etwas unterhalb. Übernachten etwas schwierig, eine Weiterfahrt ans Meer oder Segesta ist gut machbar. Gute Übernachtung in Calatafimi auf dem kommunalen Stellplatz mit Ver-/Entsorgung.
Fahrstrecke bis Corleone 65km, bis Segesta 170km. Wetter: bis 19Grad, sonnig
Strecke Corleone-Segesta

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